„Wenn du etwas bleibendes in der Welt hinterlassen
willst, dann mußt du Kinder zeugen.“ So wird es immer gesagt, vor allem
natürlich von Eltern, und die Ausschließlichkeit und Endgültigkeit
dieser Aussage macht mich, ob meiner Kinderlosigkeit,
manchmal sehr traurig. Sollte das wirklich alles gewesen sein? Ist
alles andere bedeutungslos? Ist man selbst bedeutungslos?
In solchen
Momenten passiert es, daß meine Gedanken zurück in die Vergangenheit
gehen, in meine Kindheit und Jugend. Mein Onkel Thomas, geboren in Glasgow, Schottland,
fand nach dem Krieg eine Anstellung bei Rolls-Royce. Der Laie denkt
natürlich sofort an die Luxusautos, Rolls-Royce war und ist aber auch einer der
bedeutendsten Hersteller von Flugzeugtriebwerken. Und
genau dort hatte Thomas seinen Job fürs Leben
gefunden. Er qualifizierte sich als Techniker und war dort ab 1955
hautnah an der Entwicklung des Rolls-Royce Tyne-Triebwerkes beteiligt,
dem damals stärksten Turboprop-Triebwerk der westlichen Welt. Es war ein
großer Erfolg und wurde bis in die 90er Jahre
produziert. Es versah und versieht über Jahrzehnte zuverlässig seinen
Dienst in vielen Flugzeugen, in Schiffen, und unter anderem auch
in der Transall, dem europäischen Kurzstrecken-Transportflugzeug der
Bundesluftwaffe seit 1965.
Ich erinnere mich gut daran, wie Thommy mir damals
mit Faszination in der Stimme und leuchtenden Augen von diesen Dingen
erzählte. Er war stolz, dabei gewesen zu sein und meine spätere
Begeisterung für Technik, Motoren und Fliegerei wurde
vielleicht dadurch erst geweckt. Die Verbindung zwischen diesem Mann,
der so viel erlebt hatte und der Maschine, die er mit geschaffen hatte,
war zu spüren, sie war ansteckend.
Die Transall-Flugzeuge sind mittlerweile in die
Jahre gekommen, ihre wirtschaftliche Lebensdauer ist längst
überschritten, aber der Nachfolger, der Airbus A400M, kommt nur
schleppend auf den Weg, und so versehen diese Oldtimer noch heute
ihre Dienste. Gottlob haben diese Militärflugzeuge nie einen „großen“
Krieg gesehen, wohl aber sind sie weltweit bekannt durch die deutschen
Beteiligungen an Hilfsmissionen. Sogar die meisten Laien erkennen eine
Transall, wenn sie auf Bildern aus fremden Ländern
erscheint, fernab der Heimat und weit jenseits des Aktionsradius, für
den sie eigentlich mal geplant war.
Mein Onkel Thomas lebt schon lange nicht mehr, sein
Werk hingegen schon: Gerade heute sah ich einen Nachrichtenbeitrag,
Deutschland beteiligt sich an der Hilfsaktion für die von den
Radikalislamisten vertriebenen Menschen im fernen Nordirak. Als
sich im Bildhintergrund eine Transall vorbeischob und auf den langen
Weg machte, getrieben von ihren treuen und unermüdlichen Tynes, mußte
ich unweigerlich lächeln. Ja, mit der uns Menschen gegebenen
Begeisterungsfähigkeit ist es sehr wohl möglich, auf noch
andere Weisen seine Spuren in der Welt zu hinterlassen. Ein Ansporn für
mich, nie aufzugeben, zu verzweifeln, sondern mich statt dessen den
Dingen zu widmen, für die ich mich begeistere.