In
einer Ausgabe von "Lettre International", einem
Kunstmagazin, las ich eine Artikelüberschrift, die mich verstörte:
"Meine Religion ist die Kunst". Als sowohl religiöser wie
kunstbegeisterter Mensch grübelte ich. Kann Kunst denn eine Religion
sein?
Sicher, sie ist eine wunderbare Schöpfung. Sie schafft Formen
der Kommunikation, die die reine Sprache und Symbolik nicht leisten
kann. Sie ist das geistige und seelische Bindeglied zwischen den
Menschen, eine fantastische Möglichkeit zu abstrahieren, ohne den
Kontext zu vernachlässigen. Sie vermag sogar zu fesseln, zu lehren,
zu kritisieren, zu mahnen und zu trösten. Für manche Menschen, so
wie wohl auch für den Schreiber, kann sie zum bestimmenden
Lebensinhalt werden. Aber kann Kunst auch ethische Werte definieren
und nicht nur vermitteln? Kann sie einem Menschen Rückhalt geben
inmitten von Trostlosigkeit? Kann sie einem Antworten auf die Frage
nach dem Sinn geben?
Ich meine, sie kann es nicht. Man kann Dinge mit
religiösem Eifer verfolgen, vielleicht meinte der Schreiber dies
damit und hat in der Kunst des Ausdrucks nicht gerade seine Stärke.
So formuliert hatte der Satz aber etwas Götzenhaftes. Schließlich
gibt es religiöse Kunst, aber keine künstlerische Religion. Lassen
wir die Kunst, wie alle wertvollen Kreationen der Menschen, für sich
sein und erheben wir sie nicht zu etwas, das sie nicht leisten kann,
damit ist ihr mehr gedient, meine ich.
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