Eine
Laune ließ mich im April den Weg auf die Seiseralm einschlagen, eine
große Hochalm ( ich glaube sogar die größte Europas ) in Südtirol.
Es war eine Jahreszeit, in der die Skifahrer mangels geschlossener
Schneedecke schon weg waren, die Bergwanderer wegen des unangenehmen
Wetters aber noch nicht da. Menschenleer und still war es, als ich
den Wagen anhielt und einige Schritte ging. Ungläubig blickte ich
auf das, was ich anfangs für Schneeflächen hielt, in Wahrheit waren
es Krokusse, Millionen über Millionen kleiner schneeweißer
Krokusse!
Soweit das Auge reichte, bedeckten sie den gerade mal
frostfreien Boden. Gebannt starrte ich auf die einsame Pracht und kam
mir ganz klein vor. Die Natur schert sich nicht darum, ob wir ihr
zusehen, sie kann ganz für sich allein so prächtig und
verschwenderisch zugleich sein, etwas, das wir unbedeutenden Menschen
allzu gern nur für Zuschauer reservieren, um zu beeindrucken. Wahre
Erhabenheit hat dies nicht nötig, die Krokusfelder in ihrer stolzen
Schönheit zeigten es überdeutlich.
Fast 20 Jahre ist das nun her,
aber das Bild in meiner Erinnerung hat in seiner Lebendigkeit nicht
nachgelassen, noch heute rinnen mir Tränen der Ergriffenheit über
die Wangen, obwohl und gerade weil es die Krokusse gar nicht
interessiert. Welcher Showstar, welches Fotomodell könnte solche
Gefühle auslösen? Von der Natur können wir lernen, was Erhabenheit
wirklich bedeutet.
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