Sonntag, 3. März 2013

Erhabenheit

Eine Laune ließ mich im April den Weg auf die Seiseralm einschlagen, eine große Hochalm ( ich glaube sogar die größte Europas ) in Südtirol. 
Es war eine Jahreszeit, in der die Skifahrer mangels geschlossener Schneedecke schon weg waren, die Bergwanderer wegen des unangenehmen Wetters aber noch nicht da. Menschenleer und still war es, als ich den Wagen anhielt und einige Schritte ging. Ungläubig blickte ich auf das, was ich anfangs für Schneeflächen hielt, in Wahrheit waren es Krokusse, Millionen über Millionen kleiner schneeweißer Krokusse! 
Soweit das Auge reichte, bedeckten sie den gerade mal frostfreien Boden. Gebannt starrte ich auf die einsame Pracht und kam mir ganz klein vor. Die Natur schert sich nicht darum, ob wir ihr zusehen, sie kann ganz für sich allein so prächtig und verschwenderisch zugleich sein, etwas, das wir unbedeutenden Menschen allzu gern nur für Zuschauer reservieren, um zu beeindrucken. Wahre Erhabenheit hat dies nicht nötig, die Krokusfelder in ihrer stolzen Schönheit zeigten es überdeutlich. 
Fast 20 Jahre ist das nun her, aber das Bild in meiner Erinnerung hat in seiner Lebendigkeit nicht nachgelassen, noch heute rinnen mir Tränen der Ergriffenheit über die Wangen, obwohl und gerade weil es die Krokusse gar nicht interessiert. Welcher Showstar, welches Fotomodell könnte solche Gefühle auslösen? Von der Natur können wir lernen, was Erhabenheit wirklich bedeutet.

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